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Diese Neuerung müssen Sie ab sofort beachten, wenn Sie Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Konzerngesellschaften oder Betriebsstätten unterhalten

Innerhalb der EU gibt es rund 16 Millionen kleine und mittlere Betriebe. Diese machen zusammen rund 99 % aller Unternehmen aus. Kein Wunder also, wenn es gerade diese Firmen sind, die im Ausland auch Betriebsstätten und Beteiligungen unterhalten. Betriebsprüfer schauen bei diesen Konstellationen genau hin, befürchten sie doch Steuerverlagerungen. Diesem Verdacht können Sie nur gut vorbereitet begegnen.

Timm Haase

20.02.2025 · 5 Min Lesezeit

Warum der Preis entscheidend ist

Das nachfolgende Beispiel soll verdeutlichen, warum sich die deutsche Finanzverwaltungen brennend für die Preise interessiert, die Sie mit ausländischen Konzerngesellschaften oder eigenen Betriebsstätten vereinbaren.

Beispiel: Sie unterhalten in Ungarn eine Betriebsstätte, die für Sie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe liefert, die dann in die Produktion Ihrer deutschen GmbH einfließen. Sie erhalten Mitte 2024 Material zu einem Preis von 10 Mio. € geliefert. Ein fremdes Unternehmen hätte für die gleiche Menge lediglich 6 Mio. € im freien Handel bezahlen müssen. Im Ergebnis führt dieser Vorgang zu einer nicht korrekten Gewinnminderung in Höhe von 4 Mio. € bei der deutschen GmbH. Die um 4 Mio. € zu hohen Umsatzerlöse in Ungarn werden durch einen wesentlich geringeren Steuersatz „kompensiert“.

Sicherlich leuchtet Ihnen sofort ein, warum sich deutsche Betriebsprüfer für eben diese Konstellationen interessieren. Sie wollen schlichtweg vermeiden, dass dem Fiskus Steuereinnahmen verloren gehen. § 90 Abs. 3 AO fordert aus diesem Grund umfangreiche Angaben und Dokumentationen, die den zwischen den in- und ausländischen Vertragsparteien vereinbarten Preis überprüfbar machen sollen.

Dieser Preis wird auch als Verrechnungspreis bezeichnet, die Dokumentation dementsprechend als Verrechnungspreisdokumentation. Die Grundlage bildet das BMF-Schreiben vom 14.7.2021 (Az. IV B 5 – S 1341/19/10017 :001). Aktuelle Brisanz erhält das Thema zusätzlich durch Neuerungen, die durch das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz zum 1.1.2025 in Kraft getreten sind.

Achtung

Dreh- und Angelpunkt der Verrechnungspreisdokumentation ist der Nachweis gegenüber dem Betriebsprüfer, dass Sie bei Preisvereinbarungen stets den Grundsatz des Fremdvergleichs beachten. Im Ergebnis sollen somit unübliche Preise ausgeschlossen werden, die eine Verlagerung des Steueraufkommens zur Folge haben.

Wer betroffen ist

Von der Pflicht zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation sind Sie grundsätzlich dann betroffen, wenn Sie als inländischer Steuerpflichtiger (die Rechtsform spielt hier keine Rolle) Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Ausland unterhalten.

Als ausländische nahestehende Personen gelten alle Steuerpflichtigen (die Rechtsform spielt auch hier keine Rolle),

  • an denen Sie oder die an Ihnen zu mindestens 25 % direkt oder indirekt beteiligt sind oder
  • auf die Sie oder diese auf Sie unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss haben.

Achtung

Sofern Sie keine weit verzweigten Konzernbeziehungen unterhalten, dürfte die Frage nach ausländischen nahestehenden Personen leicht zu beantworten sein. In nahezu allen Fällen sind ausländische Betriebsstätten, Niederlassungen, Tochtergesellschaften oder andere Beteiligungen darunter zu verstehen. Seien Sie sich darüber bewusst, dass der Betriebsprüfer über diese Beziehungen bereits im Bilde ist, bevor er die Prüfung bei Ihnen ankündigt.

Befreit von der Verpflichtung zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation sind Sie nur dann, wenn

  • entweder die Summe aller Warenlieferungen oder vergleichbarer Leistungen den Betrag von 6 Mio. €
  • oder die Summe aller sonstigen Leistungen (insbesondere Dienstleistungen) den Betrag von 600.000 €

im Wirtschaftsjahr nicht übersteigt. Wichtig: Dabei sind Eingangs- und Ausgangsleistungen zusammenzurechnen.

Überschreiten Sie diese Wertgrenzen im Laufe eines Wirtschaftsjahres, trifft Sie die Verpflichtung zur Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation zu Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres.

Achtung

Die fehlende Verpflichtung zur Erstellung einer Dokumentation bedeutet nicht, dass Sie nicht die negativen Folgen treffen können, die aus dem Ansatz fremdunüblicher Preise resultieren. Die notwendigen Angaben dazu darf Ihr Betriebsprüfer dennoch von Ihnen einholen.

§ 90 Abs. 2 AO legt Ihnen die Verpflichtung auf, an der Aufklärung steuerlicher Verrechnungspreis-Sachverhalte mitzuwirken und insbesondere auch notwendige Dokumentationen und Beweismittel zu beschaffen.

Unterschätzen Sie diese Verpflichtung auf keinen Fall. Dafür sind 2 Gründe ausschlaggebend:

Ihnen drohen Sanktionen

Möchte ein Betriebsprüfer Ihre Verrechnungspreisdokumentation einsehen und Sie können diese nicht vorlegen, drohen Ihnen ernsthafte Sanktionen (§ 162 Abs. 4 AO). Dem Prüfer steht es frei, einen Zuschlag von bis zu 100 € pro Tag der Verzögerung festzusetzen, maximal jedoch 1 Mio. €.

Gleichzeitig steht dem Prüfer mangels vorliegender Dokumentation eine Schätzungsbefugnis zu. Je Geschäftsvorfall (!) darf er einen Mehrbetrag von mindestens 5 % und maximal 10 % der zur Diskussion stehenden Einkünfte verlangen.

Sie haben nur begrenzt Zeit

Neu ab dem 1.1.2025 ist die verpflichtende Erstellung einer sogenannten Transaktionsmatrix. Mit dieser schaffen Sie für den Betriebsprüfer eine Übersicht aller relevanten Geschäftsvorfälle. Das Besondere: Diese Übersicht müssen Sie dem Prüfer innerhalb von 30 Tagen vorlegen können, nachdem er diese bei Ihnen angefordert hat.

Achtung

Diese Vorlagepflicht gilt grundsätzlich nicht erst nach Aufforderung durch den Betriebsprüfer, sondern bereits nach Erhalt der Prüfungsanordnung.

Was Ihre Dokumentation beinhalten muss

Nach § 90 Abs. 3 AO erstrecken sich Ihre Aufzeichnungspflichten auf die folgenden 3 Bereiche:

Transaktionsmatrix

In dieser stellen Sie eine Übersicht aller Geschäftsvorfälle zusammen. Auf Seite 7 habe ich Ihnen ein Muster-Beispiel dargestellt. Hier können Sie die aufzunehmenden Aspekte erkennen:

  • Art der Geschäftsvorfälle
  • Leistungsempfänger
  • Leistungserbringer
  • Volumen der Geschäftsvorfälle
  • Entgelt der Geschäftsvorfälle
  • Vertragsgrundlage
  • angewandte Verrechnungspreismethode
  • betroffene Steuerhoheitsgebiete

Meine Empfehlung

Sie können in dieser Matrix gleichartige Geschäftsvorfälle zusammenfassen. Das macht insbesondere bei gleichartigen und wiederkehrenden Leistungen Sinn. Unterscheiden sich gleichartige Lieferungen oder sonstige Lieferungen im Preis, müssen Sie diese allerdings einzeln erfassen.

Achtung

Sie erkennen sicherlich, warum Ihnen in den seltensten Fällen 30 Tage genügen werden, um eine korrekte Transaktionsmatrix zu erstellen, in der alle Geschäftsvorfälle eines Jahres berücksichtigt sind. Bereiten Sie sich daher bereits im Voraus auf mögliche Prüfungen vor.

Sachverhaltsdokumentation

In dieser Dokumentation gehen Sie insbesondere auf bestehende Beteiligungsverhältnisse, Ihren Organisationsaufbau sowie vorhandene Geschäftsbeziehungen ein. Sinn dieser Beschreibung ist es, dem Betriebsprüfer einen Einblick in vorhandene Strukturen und die Eigenschaften der Beziehungen der in- und ausländischen Gesellschaften untereinander zu verschaffen.

Angemessenheitsdokumentation

Kern der Angemessenheitsdokumentation ist die Darstellung der angewandten Verrechnungspreismethoden. Zudem müssen Sie dem Prüfer aufzeigen können, wie Sie die verwendeten Verrechnungspreise berechnet haben.

Als Methoden kommen nach Randziffer 3.9 des BMF-Schreibens insbesondere in Betracht:

  • Preisvergleichsmethode: Bei dieser Methode wird der bei einem Geschäft zwischen nahestehenden Personen verwendete Preis mit demjenigen verglichen, der bei einem vergleichbaren Geschäft zwischen unabhängigen Unternehmen herangezogen worden wäre. Voraussetzung ist, dass vergleichbare Verhältnisse herrschen.
  • Wiederverkaufspreismethode: Hier ist der Absatzpreis der Ausgangspunkt der Preisermittlung. Dies ist derjenige Preis, zu dem ein Produkt oder eine Leistung an einen fremden Dritten abgegeben wird. Von diesem wird eine unternehmensindividuelle Gewinnmarge abgezogen.
  • Kostenaufschlagsmethode: Bei dieser Methode wird der Verrechnungspreis dadurch bestimmt, dass zunächst die Selbstkosten des liefernden bzw. leistenden Unternehmens bestimmt und um eine unternehmensindividuelle Gewinnmarge erhöht werden. Diese Variante findet insbesondere dann Anwendung, wenn keine Vergleichs- oder Marktpreise verlässlich zu ermitteln sind.
  • Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode: Hier werden Margen verglichen, die bei vergleichbaren Geschäften zum einen zwischen nahestehenden Unternehmen, zum anderen mit fremden Dritten erzielt werden.

Wichtig zu wissen: Es gibt keine Aufstellung zulässiger oder unzulässiger Methoden. Es liegt in Ihrer Entscheidung, welche Methode(n) Sie anwenden. Sie dürfen sich insbesondere auch verschiedener Methoden bedienen. Voraussetzung ist stets, dass diese zu einem sachgerechten Ergebnis führen.

Mein Tipp

Bei Verrechnungspreisen gibt es nicht die eine richtige Methode. Ich rate Ihnen dazu, sich im Zweifel steuerlich von einem Experten beraten zu lassen. Hier handelt es sich um gut investiertes Geld, bleibt Ihnen doch der nachträgliche Ärger mit dem Betriebsprüfer erspart.

Arbeitshilfen

  • Übersicht - Transaktionsmatrix - Finanzverwaltung

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Arbeitsfelder: Finanzbuchhaltung, Rechnungswesen und Steuerrecht.