Was eine doppelte Haushaltsführung im steuerlichen Sinne ist
Wenn Sie aus beruflichen Gründen am Einsatzort eine zusätzliche Wohnung haben und gleichzeitig Ihren eigenen Hausstand an Ihrem Lebensmittelpunkt aufrechterhalten, können Sie die Aufwendungen dafür steuerlich geltend machen. Der Gesetzgeber nennt das „Doppelte Haushaltsführung“.
Sie dürfen dann bestimmte Ausgaben als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, wenn Sie die Voraussetzungen erfüllen und soweit Sie sie nicht steuerfrei erstattet bekommen.
Eine doppelte Haushaltsführung ist zeitlich nicht begrenzt. Sie dürfen die damit verbundenen Mehraufwendungen während der gesamten Dauer Ihrer auswärtigen Beschäftigung geltend machen. Das gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch für selbstständige Unternehmer.
In diesen Grenzen können Sie Ihre Kosten absetzen
Allerdings sind die Verpflegungskosten nur in den ersten 3 Monaten abziehbar. Danach geht der Gesetzgeber davon aus, dass Sie am Zweitwohnsitz keine höheren Verpflegungsausgaben haben als Personen, die nur eine Wohnung am Arbeitsort haben.
Außerdem ist die Erstattung wöchentlicher Familienheimfahrten gesetzlich auf die Entfernungspauschale begrenzt.
Für die Zweitwohnung selbst besteht eine monatliche Obergrenze (1.000 €), wenn sich die Unterkunft in Deutschland befindet. Im Ausland sind die Kosten nach dem Kriterium der „Notwendigkeit“ zu prüfen.
Die Details zu Ihren Möglichkeiten und den Grenzen erläutere ich Ihnen im Folgenden.
Das sind die rechtliche Grundlagen der doppelten Haushaltsführung
Die wichtigsten Vorschriften finden Sie in § 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Dort ist geregelt, wann Sie Mehraufwendungen für eine beruflich begründete Zweitwohnung als Werbungskosten absetzen können.
Ein steuerfreier Arbeitgeberersatz richtet sich nach § 3 Nr. 16 EStG (bzw. § 3 Nr. 13 EStG im öffentlichen Dienst).
Ein ausführliches Anwendungsschreiben hat das BMF am 24.10.2014 (Az. IV C 5 – S 2353/14/10002) veröffentlicht und später aktualisiert (BMF, Schr. v. 25.11.2020, Az. IV C 5 – S 2353/19/10011 :006). Dort finden Sie zahlreiche Beispiele und Erläuterungen. Die Lohnsteuer-Richtlinien (R 9.11 LStR) ergänzen diese Ausführungen.
Eine doppelte Haushaltsführung setzt voraus, dass Sie
- einen eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt unterhalten,
- Ihren Lebensmittelpunkt weiterhin an diesem Ort haben,
- am Beschäftigungsort eine zweite Wohnung bewohnen und
- den zweiten Haushalt überwiegend aus beruflichen Gründen führen
- Eigener Hausstand
Damit Sie einen eigenen Hausstand bilden, müssen Sie am Hauptwohnsitz eine Wohnung innehaben, die Ihnen in rechtlicher oder zumindest abgeleiteter Form zur Verfügung steht, z. B. als
- Mieter,
- Eigentümer oder
- Untermieter.
Zusätzlich verlangt das Gesetz eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung. Sie sollen sich also an den Ausgaben beteiligen, die für Miete, Nebenkosten, Haushaltsbedarf und ähnliche Posten anfallen.
Bei Ehepaaren mit Steuerklassen III, IV oder V nimmt das Finanzamt automatisch an, dass eine ausreichende finanzielle Beteiligung vorliegt (Vereinfachungsregel). Sind Sie hingegen ledig oder haben Steuerklasse I oder II, müssen Sie regelmäßig mehr als 10 % der monatlichen Haushaltskosten selbst tragen. Ist Ihr Beitrag niedriger, können Sie im Einzelfall nachweisen, dass Sie sich dennoch in angemessener Höhe beteiligt haben (z. B. durch größere Einmalzahlungen oder größere Sachleistungen).
Eigener Hausstand bei den Eltern
Wenn Sie bei Ihren Eltern nur ein Zimmer bewohnen und dort weitgehend in deren Haushalt eingegliedert sind, erkennt das Finanzamt keinen eigenen Hausstand an. Sie müssen vielmehr entweder eine separate Wohnung (z. B. eine Einliegerwohnung) bei den Eltern haben oder als älterer, wirtschaftlich eigenständiger Arbeitnehmer in einem gemeinsamen „Mehrgenerationenhaushalt“ leben, an dem Sie sich maßgeblich finanziell und organisatorisch beteiligen. Ob dies so ist, hängt oft vom konkreten Einzelfall ab.
2. Lebensmittelpunkt
Ihr Lebensmittelpunkt liegt dort, wo Ihre engeren persönlichen Beziehungen sind. Sind Sie verheiratet, geht das Finanzamt in der Regel davon aus, dass Ihr Lebensmittelpunkt in der Familienwohnung liegt, sofern Sie dorthin wenigstens sechs Mal im Jahr zurückkehren. Sind Sie ledig, prüft das Finanzamt genauer, wo Sie beispielsweise Ihren Freundeskreis, Ihren Verein oder andere private Bindungen pflegen.
Zur Vereinfachung gilt: Wenn Sie Ihren vermeintlichen Lebensmittelpunkt mindestens 2 Mal pro Monat aufsuchen, unterstellt das Finanzamt, dass Sie dort tatsächlich zu Hause sind. Bei größeren Entfernungen (z. B. Auslandswohnsitz) reicht es oft, wenn Sie die Hauptwohnung einmal pro Jahr besuchen und dort weiterhin ein eigenes Haushaltsleben aufrechterhalten (z. B. durch Ihre Familie).
3. Zweitwohnung am Beschäftigungsort
Die zweite Wohnung darf nicht in unmittelbarer Nähe Ihrer Hauptwohnung liegen. Entscheidend ist, dass Ihre Hauptwohnung und Ihre erste Tätigkeitsstätte so weit auseinanderliegen, dass Sie den Arbeitsort nicht täglich erreichen können oder dies zumindest unzumutbar wäre. Liegen Hauptwohnung und Tätigkeitsstätte mehr als 50 km auseinander oder brauchen Sie länger als eine Stunde Fahrzeit, spricht das für eine auswärtige Beschäftigung. Dann kann am Beschäftigungsort eine zweite Wohnung aus beruflichen Gründen nötig sein.
Die Zweitwohnung kann auch in einer Nachbargemeinde liegen, solange sich durch diese Lage die tägliche Erreichbarkeit Ihres Arbeitsplatzes deutlich verbessert. Ein Hotelzimmer, ein möbliertes Zimmer oder sogar eine kleine Gemeinschaftsunterkunft gilt als Zweitwohnung, wenn Sie diese Unterkunft tatsächlich nutzen und dort übernachten. Selbst gelegentliches Übernachten (z. B. nur einmal in der Woche) kann eine doppelte Haushaltsführung begründen. Wenn Sie aber nie dort übernachten, weil Sie jeden Tag nach Hause pendeln, ist es keine doppelte Haushaltsführung.
4. Beruflicher Anlass
Der zweite Haushalt muss überwiegend aus beruflichen Gründen entstanden sein. Die Finanzämter prüfen deshalb, ob diese zweite Wohnung primär dazu dient, Ihren Arbeitsplatz leichter oder schneller zu erreichen. Private Gründe für die Wohnsitzwahl (z. B. „Wir wollten ins Grüne ziehen“) sind erlaubt, hindern aber nicht die Anerkennung des zweiten Haushalts am alten oder neuen Arbeitsort.
Auch wenn Sie Ihren eigenen Hausstand vom Beschäftigungsort wegverlegen und Ihre bisherige Wohnung am Ort der ersten Tätigkeitsstätte nun zur Zweitwohnung machen, kann dies beruflich veranlasst sein. Es kommt nur darauf an, dass die Zweitwohnung tatsächlich Ihrer Erwerbstätigkeit dient. Private Gründe für die Wahl Ihres Wohnsitzes (z. B. „Wir wollten ins Grüne ziehen“) sind auch in diesem Fall von der Rechtsprechung anerkannt (z. B. BFH, Urt. v. 05.03.2009, Az. VI R 58/06, Az.: VI R 31/08, Urt. v. 10.03.2010, VI R 47/09).
Welche Kosten Sie absetzen dürfen
Wenn Sie eine steuerlich anerkannte doppelte Haushaltsführung haben, dürfen Sie notwendige Mehraufwendungen als Werbungskosten abziehen. Sind Sie Arbeitnehmer und erstattet Ihnen Ihr Arbeitgeber die Kosten ganz oder teilweise, müssen Sie sie gegenrechnen.
Vor allem folgende Posten sind für den Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten relevant:
- Fahrtkosten
- Verpflegungsmehraufwendungen (nur 3 Monate)
- Unterkunftskosten
- Kosten für den Umzug in die Zweitwohnung (bei Beginn)
- Fahrtkosten
Erste und letzte Fahrt: Für den Umzug an den Beschäftigungsort und die Rückfahrt am Ende der doppelten Haushaltsführung dürfen Sie die tatsächlichen Kosten ansetzen. Nutzen Sie Ihren eigenen Pkw, können Sie statt der konkreten Belege 0,30 € pro gefahrenen Kilometer (also Hin- und Rückstrecke) ansetzen.
Wöchentliche Heimfahrten: Für eine Familienheimfahrt pro Woche gilt die Entfernungspauschale von derzeit 0,30 € je Entfernungskilometer. Ab dem 21. Kilometer steigt sie auf 0,38 € (bis 2026). Bei Flugkosten dürfen Sie hingegen nur die tatsächlichen Ticketpreise absetzen.
Falls Sie eine Familienheimfahrt nicht machen konnten, dürfen Sie stattdessen ein 15-minütiges Ferngespräch mit Angehörigen als Werbungskosten ansetzen (Telefonkosten).
Nutzen Sie für die Heimfahrt einen Firmenwagen, entfällt der Werbungskostenabzug. Sie müssen dann auch keinen geldwerten Vorteil versteuern – jedoch nur für die eine wöchentliche Heimfahrt. Jede weitere Heimfahrt in derselben Woche gilt bei einem Dienstwagen als geldwerter Vorteil (0,002 % vom Listenpreis pro Entfernungskilometer).
Mehrere Familienheimfahrten in einer Woche: Sie können wählen, ob Sie alle Fahrten als „Wohnung–Arbeitsstätte“ (mit Entfernungspauschale für jede Fahrt) ansetzen oder ob Sie nur eine Fahrt pro Woche nach den Regeln der doppelten Haushaltsführung (Entfernungspauschale plus Unterkunftskosten) abziehen. Welche Variante günstiger ist, hängt davon ab, wie weit Ihr Hauptwohnsitz entfernt ist und wie viele Heimfahrten Sie tatsächlich machen.
2. Verpflegungsmehraufwand (nur 3 Monate)
In den ersten 3 Monaten Ihrer doppelten Haushaltsführung dürfen Sie die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand ansetzen, wie bei einer beruflichen Auswärtstätigkeit (§ 9 Abs. 4a EStG). Derzeit gelten für das Inland pro vollem Abwesenheitstag 28 € und für An- oder Abreisetage 14 €. Wenn Ihr Beschäftigungsort im Ausland liegt, gelten die dortigen Auslandspauschalen, die das BMF jedes Jahr veröffentlicht. Die aktuellen Pauschalen finden Sie in unserem Downloadbereich.
Nach Ablauf von 3 Monaten ist der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen ausgeschlossen. Diese 3-Monatsfrist beginnt neu, wenn Sie für mindestens 4 Wochen an der auswärtigen Tätigkeitsstätte nicht arbeiten (z. B. Krankheit, Urlaub), oder wenn Sie eine neue doppelte Haushaltsführung begründen.
Kostenloses Essen vom Arbeitgeber
Erhalten Sie in den ersten 3 Monaten kostenlose Mahlzeiten von Ihrem Arbeitgeber, kürzen Sie Ihre Verpflegungspauschale für jedes Frühstück um 20 % (der vollen Tagespauschale von derzeit 28 €) und für jedes Mittag- und Abendessen um 40 %. Übersteigen der Wert der Mahlzeiten 60 € pro Essen, unterstellt das Finanzamt ein sogenanntes Belohnungsessen, das Sie voll als geldwerten Vorteil versteuern müssen.
Nach 3 Monaten entsteht dagegen grundsätzlich ein geldwerter Vorteil nach den Sachbezugswerten (z. B. 2,30 € für ein Frühstück). Da Sie dann ohnehin keine Verpflegungspauschalen mehr absetzen dürfen, geht es nur noch um die korrekte Besteuerung solcher arbeitgeberfinanzierten Mahlzeiten.
3. Kosten für die Zweitwohnung
Bei einer inländischen doppelten Haushaltsführung ist der monatliche Abzug für Unterkunftskosten auf 1.000 € begrenzt. Damit sind Miete und alle Betriebskosten (inkl. Strom, Heizung, Zweitwohnungssteuer, Rundfunkbeitrag) abgedeckt. Zahlen Sie in manchen Monaten weniger, können Sie ungenutzte Beträge auf andere Monate desselben Kalenderjahres übertragen (sogenannte Jahresbetrachtung).
Wenn Sie Wohnungseigentum besitzen
Wenn Sie am auswärtigen Beschäftigungsort selbst Eigentümer der Wohnung sind, setzen Sie Finanzierungskosten, Gebäude-AfA und Betriebskosten wie Grundsteuer oder Gebäudeversicherung als Kosten an. Auch hier gilt die 1.000 €-Grenze im Inland. Liegt Ihre Zweitwohnung im Ausland, greift diese feste Obergrenze nicht. Sie müssen dann nachweisen, dass die Ausgaben „notwendig“ und nicht überhöht sind. Der BFH akzeptiert beispielsweise bei einer Dienstwohnung im Ausland die vollen Kosten, wenn Sie gar keine Wahl hatten, eine günstigere Unterkunft zu beziehen.
4. Umzugskosten
Wenn Sie erstmalig Ihren Zweithaushalt einrichten, dürfen Sie Ihre Umzugskosten in voller Höhe absetzen (z. B. für den Transport des Mobiliars). Pauschalen für „sonstige Umzugsauslagen“ sind allerdings nicht möglich (§ 10 BUKG), da Sie Ihren Hauptwohnsitz ja gerade nicht wechseln, sondern lediglich eine zusätzliche Wohnung einrichten. Geben Sie Ihre Zweitwohnung am Ende Ihrer doppelten Haushaltsführung auf, ist ein Kostenabzug nur dann möglich, wenn Sie aus beruflichen Gründen umziehen (z. B. Arbeitsplatzwechsel). Endet die doppelte Haushaltsführung durch Ihren Ruhestand, handelt es sich nicht mehr um berufliche Mehraufwendungen.
Arbeitgeberersatz
Ihr Arbeitgeber darf Ihre Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung steuerfrei übernehmen (§ 3 Nr. 16 EStG). Er darf aber nicht mehr erstatten, als Sie selbst absetzen könnten. Wenn er Ihnen beispielsweise die Verpflegungsmehraufwendungen für 4 Monate zahlt, ist das nur für die ersten 3 Monate steuerfrei. Insofern gelten dieselben Grenzen wie beim Werbungskostenabzug.
Gerade bei den Übernachtungskosten im Ausland kann Ihr Arbeitgeber Pauschalen ansetzen. Sie selbst dürfen das jedoch nicht. Sie müssen grundsätzlich die tatsächlichen Übernachtungskosten nachweisen. Gibt es dagegen eine inländische doppelte Haushaltsführung, ist für Sie die 1.000-€-Grenze maßgeblich, während Ihr Arbeitgeber für maximal 3 Monate 20 € pro Tag und danach 5 € pro Tag steuerfrei vergüten darf (falls er sich an den Pauschalen orientiert). Das führt in der Praxis oft zu einer Detailprüfung, ob nicht ein Einzelnachweis günstiger ist.
Checkliste für die wichtigsten Punkte
